Vor einigen Tagen habe ich meinen BMW i3 REX verkauft. Er wurde im Dezember 2015 zugelassen und ich bin ihn etwas über 3 Jahre gefahren (bis einschließlich 1/2019). Jetzt, nach dem Verkauf ins Ausland, schreibe ich mir ein wenig den Frust von der Seele...

Dieser Frust hat nichts mit Elektrofahrzeugen generell zu tun. Ich bin aktuell glücklicher Besitzer eines Hyundai Kona Elektro.

Das Konzept "Range Extender" war zum Kaufdatum sehr gut

Ende 2015 gab es noch weniger Ladesäulen als heute, und so war das Konzept, auf längeren Strecken einfach Benzin tanken zu können, goldrichtig. Es musste zwar alle ca. 150 km nachgetankt werden, aber ich konnte so zum Beispiel die Strecke von Wuppertal nach München fahren.
Deshalb habe ich mich auch damals gegen die hochpreisige Schnelllademöglichkeit im Auto entschieden. Über Nacht konnte ich die Batterie ohne Probleme an einer Haushaltssteckdose laden, und auf längeren Strecken kam der Range Extender (REX) zum Einsatz.

Größerer Benzintank als Option

Der REX Benzintank fasst 9 Liter. Damit sind ungefähr 150 km möglich. Es gibt viele Ausstattungsvarianten, warum ist nicht ein größerer Tank dabei? Das wäre mal sinnvoll gewesen!

Suizid Doors

Der i3 hat "Suizid Doors" - die vordere Tür geht nach vorn auf, die hintere nach hinten. Es gibt keine B-Säule (Säule zwischen den Türen). Das sieht nett aus, hat aber in engen Parklücken einen Nachteil. Wenn jemand hinten einsteigen soll, muss er zuerst die vordere Tür öffnen, um dann die hintere öffnen zu können. Wenn man dann noch ein Kind auf dem Rücksitz im Kindersitz anschnallen möchte, wird es eng. Ebenfalls ungünstig ist es, wenn hinten jemand später einsteigen soll, da der Gurt an der hinteren Tür befestigt ist. Somit muss der vorne Sitzende den Gurt lösen, damit die hintere Tür geöffnet werden kann.
Nette Optik - wenig praktikabel.

Innenraum

Viele Materialien im Innenraum sind aus nachwachsenden und recycelten Rohstoffen gewonnen. So kommt zum Beispiel KENAF, EUKALYPTUSHOLZ, SCHURWOLLE oder OLIVENBLATTGEGERBTES LEDER zum Einsatz. Das ist sicherlich nicht Jedermanns Sache, aber mir gefällt es. Auch passt es zum Konzept, ein nachhaltiges und umweltschonendes Fahrzeug zu bauen.
Auf längeren Strecken fehlte mir (1,9m groß) die Mittelkonsole um das rechte Knie anzulehnen. Das sorgt für Verspannungen im Oberschenkel.

Klimaanlage: weder Kühlen noch Heizen geht lange gut

Auf längeren Strecken wird die Temperatur schlecht gehalten. Es wird nach einiger Zeit merklich kühler unabhängig von der Außentemperatur. Auch der BMW Service konnte hier keine Hilfe anbieten.

Radio geht unvermeidlich nach kurzer Zeit aus, wenn die "Zündung" aus ist

Beim laden auf einem Parkplatz geht das Radio nach relativ kurzer Zeit (wenigen Minuten) unvermeidbar aus, um Strom zu sparen! Das man auf dem Display darauf hingewiesen wird, macht es nicht besser.

Die Navigation (Stand 2015)

Ich war schon sehr verwundert, als die Navigation die Westfalenhalle in Dortmund nicht fand! Im Vergleich zu Tesla haben hier aber noch einige Hersteller Defizite:

  • Stromtankstellen nicht aktuell
  • Die Suche nach Stromtankstellen muss mehr oder weniger manuell erfolgen. Warum sage ich nicht einfach dem Navi, dass ich von A nach B will und das Navi schlägt mir aufgrund des aktuellen Ladezustandes vor, wo ich besser laden sollte?
Sehr speziell bei BMW ist der Updateprozess. Hier müssen mit einer Windows Software (schlecht für Linux User wie mich!) um die 60 GB aus dem Internet geladen werden. Diese müssen dann auf einen USB Stick kopiert werden (zu der Zeit hatte ich keinen in der Größe) und dann im Auto eingesteckt werden. Auch hier macht uns Tesla mit Onlineupdates vor, dass es anders geht...

Bluetooth Mediawiedergabe

Da die Navigation wie oben beschrieben für mich unbrauchbar ist, habe ich mir eine Handyhalterung für die Mittelkonsole besorgt und Google Maps benutzt. Android Auto oder Apple CarPlay war in meinem i3 noch nicht verfügbar (Android auch 10/2019 bei BMW) noch nicht.
Damit ich auch die Ansagen zur Navigation höre, habe ich versucht diese per Mediawiedergabe auszugeben. Dann war aber das Radio nicht mehr verfügbar.

Range Extender (REX) will in den Wartungsmodus

Den Range Extender kann man starten, wenn die Batterie eine Restkapazität von 75% oder weniger hat. So weit, so gut!
Zwischendurch verlangt der REX einen Wartungslauf (wozu auch immer). Dies wird mit einem Warnton und einer Anzeige im Display kundgetan und kurz darauf startet der REX. Aber nur solange man den Tank zu 3/4(!) gefüllt hat, und ich hatte "nur" etwas über 50% im Tank. Der Wartungslauf dauert übrigens wenige Minuten und verbraucht weit weniger als einen Liter Benzin.
So kommt, was kommen musste: während einer Fahrt von Wuppertal in die Eifel (ca. 100km), warnte das Display und der Warnton, dass der Wartungslauf stattfinden soll, um dann gleich eine Minute später mit dem gleichen Warnton festzustellen, dass der Wartunglauf zur Zeit nicht möglich ist. Und das wiederholte sich im Minutentakt bis zur Ankunft in der Eifel. Sehr nervig!
Das Auto ließ mich übrigens im Unklaren darüber, warum der Wartungslauf nicht möglich ist. Zum Glück musste ich bei Antritt der Rückfahrt so oder so tanken, womit sich das Problem dann löste.

Mir konnte keiner erklären, in was sich der Wartungslauf vom normalen Lauf unterscheidet. Schließlich lief der REX ja während er mich minütlich auf den Wartungslauf hinwies! Trotzdem bestand er weiter auf dem Wartungslauf.

Die einzige Panne betraf übrigens auch den REX. Ich bin das Auto in 3 Jahren knapp 40.000 Kilometer gefahren. Davon waren vielleicht 10% mit REX. Dass nach dieser Zeit schon die Benzinpumpe versagt, hat mich sehr geärgert. Besonders, wenn man auf dem Weg in den Urlaub ist und beim nächsten BMW Händler weder die Benzinpumpe noch ein Ersatzfahrzeug zur Verfügung steht! Die Kosten für die Pumpe samt Einbau hat BMW übernommen, aber erst nach einiger Diskussion und unfreundlichen Worten. Auf den Kosten für den SIXT Mietwagen bin ich sitzengeblieben.

Range Extender springt automatisch an

Bei 6 - 7% Restkapazität schaltet sich automatisch der REX zu. Faktisch sind dies bei der REX Version also 6% weniger Batteriereichweite! Ich hatte öfter die Situation, dass ca. 1km vor der Steckdose in meiner Garage der REX zugeschaltet wurde. Die 6 - 7% hätten noch locker bis zur Steckdose gereicht.

Fahr- / Betriebmodus

An dem i3 und vielen anderen aktuellen Autos lässt sich der Fahr- / Betriebsmodus umschalten. Mal sportlich, mal ökonomisch, mal dazwischen - alles durchaus sinnvoll.
Der i3 bietet hierfür die Modi "Comfort" / "Eco Pro" und "Eco Pro +". Ich habe mich im "Eco Pro" Modus am besten wieder gefunden: man kann durchaus zügig unterwegs sein, saugt aber nicht überaus schnell den Akku leer.
Warum aber bleibt der eingestellte Modi nicht erhalten? Bei jeder weiteren Fahrt muss ich erst wieder auf "Eco Pro" stellen!
Wenn ich irgendwo einen Platz verlasse, ist es doch angenehm, alles wieder so vorzufinden, wie ich es verlassen habe, oder? Offensichtlich sieht BMW das anders!

Was Kurioses am Rande... warum heißt es eigentlich "Eco Pro" und "Eco Pro +"? Hätte "Eco" und "Eco +" nicht gereicht?

Das Umschalten des Modus...

... wird an drei Stellen im Auto angezeigt. Im Tachodisplay, in der Mittelkonsole und im Navidisplay. Nervig ist die Anzeige in Navidisplay, speziell dann wenn man beim Verlassen eines Parkplatzes wissen möchte, ob man rechts oder links abbiegen soll, und dann im Display steht das man auf "Eco Pro" umgeschaltet hat.

Android App

Grundsätzlich ist eine APP gut, um den Batteriestand bei Ladung zu kontrollieren. Speziell dann, wenn man in einer Raststätte wartet, und die Ladesäule aus irgendeinem Grund die Ladung abgebrochen hat.

Die Passwortabfrage bei jedem Start nervt aber gewaltig. Jeder hat das Interesse, sein Smartphone gegen fremden Zugriff zu schützen. Deshalb hat fast jeder einen PIN Zugang, Fingerabdruck oder Gesichtserkennung an seinem Mobiltelefon eingerichtet. Aber warum muss das dann jede einzelne APP nochmal anfordern?

Warum keine Atomuhr?

Die Uhr im Auto wird per Internet gestellt. Das hat bei mir aber nicht wirklich funktioniert. Sie ging vor oder nach und musste bei der Zeitumstellung manuell richtig gestellt werden. Warum kann bei einem Gegenstand dieser Preisklasse nicht einfach eine Atomuhr eingebaut werden?

Keine Rekuperation in der Kurve und Schlaglöchern

Bei Fahrten durch Schlaglöcher und Kurven wird schon mal unerwartet die Rekuperation abgeschaltet. Das ist sehr irritierend und meines Erachtens sogar gefährlich. Ich kann mir bis heute nicht erklären warum das so ist.

Fazit

Die Verarbeitung des i3 ist BMW typisch gut, die Materialen sind ungewöhnlich. Trotzdem war es wohl der letzte BMW, den ich in meinem Leben gekauft habe. Ich hatte immer wieder den Eindruck, dass BMW zu wissen meint, wie ein Auto zu funktionieren hat. Durch die Unterstützung nur eines der bekannten Handy Betriebssysteme bekommt man sogar den Eindruck, dass der Hersteller auch hier versucht seinen Stempel aufzudrücken.
Ich hätte mir gewünscht, dass ich an der einen oder anderen Stelle das Auto individuell auf mich einstellen kann. Stattdessen werde ich gezwungen, mich an BMW Standards zu halten. Dies läuft dem Trend der Individualisierung sehr entgegen.

Über

Dies ist das private Blog von Sven Anacker. Er schreibt am liebsten über Haustechnik, KNX, PHP, Linux, Modellbau und gelegentlich zu allem Möglichen. Beruflich ist er Selbstständig als Marketingconsultant und KNX Systemintegrator in Wuppertal.